Was hat ein Motorrad, ein vergessener Termin, Arschkalt und John Wayne miteinander gemein?

Was hat ein Motorrad, ein vergessener Termin, Arschkalt und John Wayne miteinander gemein?


Es gibt Menschen die Terminkalender mit Jahresinhalt für viele Euros kaufen, die es trotzdem schaffen einen Termin zu vergessen.
Ich gehöre zu der Spezies, und sollte noch diesen einen Termin rechtzeitig im 90 Km entfernten VS erreichen.
Die logische Folgerung: Dass geht nur mit der Diva über die Dosenbahn.


Also langärmlige Unterhose und Fliesspullover unter die Kombi, zweite Fliessjacke und Navi in den Tankrucksack - ab die Post.
Die B31 rauf, die A98 rüber und zuletzt die 81er bis Dürrheim hoch. Die Tachonadel zittert um die 220 rum, die Drehzahl ist gerade noch im grünen Bereich, die Dosenfahrer bleiben alle schön rechts – ich werde pünktlich ankommen.
Je näher die Baar kam, desdo kälter wurde es und die ersten Zweifel kommen, ob‘s angesichts der späten Rückfahrt nicht doch besser gewesen wäre, mit der geheizten Dose zu fahren.


Ein flüchtiger Blick auf das Navi, es sind noch 10 Km bis zur Abfahrt.........wie bitte?!?
Die Tachonadel grad etwas über 220, die Drehzahl bedenklich nahe am hellroten, und die Kiste geht nur 195 Km/h ?!?
Die Gedanken kreisen; Die Übersetzung ändern, Turbo einbauen? Abnehmen, oder was?!?
Stand da nicht irgendwo, irgendwas von Vmax. 220 Km/h ?!?
Es macht sich grosse Trauer breit. Testen? Geht sie über die 200?
Ok, aber nur ganz kurz!
Ein beherzter Dreh, die Diva reagiert sofort und zieht merklich an. Sämtliche Sinne scheinen nun doppelt und dreifach vorhanden. Die Augen blicken abwechselnd auf die Bahn und den Drehzahlmesser.
Die Ohren achten auf jegliches ungewohnte Geräusch und erwarten in jeder Sekunde ein zerberstendes Geräusch. Das rechte Handgelenk bewegt sich sachte nach unten, während die linke Hand, gespannt wie ein Filzbogen, den Kupplungshebel umklammert, bereit zum zuzuschnappen beim Fall der Fälle,. Gleichzeitig fahndet das Popometer nach ungewöhnlichen seitlichen Querbeschleunigungen und die Füsse achten auf nicht dazugehörende Vibrationen.
Während die Tachonadel der 230 entgegen zittert, die Drehzahl ist zwischenzeitlich im hellroten Bereich, überspringt das GPS grad die 200.
Ob das wohl gut geht?
Das Kleinhirn erinnert an das billige Motorenöl aus dem Baumarkt und frägt an, ob der Schutzengel überhaupt noch mithalten kann.
Jetzt steht der Drehzahlmesser auf der Grenze zum Tiefroten und das GPS zeigt „nur“ 205 Km/h. Kann das sein? Soll ich bis zum Schwarzen? Macht dass das Billigöl und schlussendlich der Motor mit ? Ist mein Schutzengel überhaupt noch da?
Soll ich oder soll ich nicht?


„Fahren sie in 300 Meter rechts ab!“


???


„Fahren sie jetzt rechts ab!!!“


Erschrocken lass ich das Gas zurückschnappen und schaffe es gerade noch auf die Querspange zur B27.
Hinter mir beschwert sich ein Dosenfahrer energisch wegen meiner jeweils abrupt geänderten Fahrtrichtung und Geschwindigkeit.
Aufgewacht und die Kälte deutlich spürend, drehe ich wieder beherzt am Gasgriff und Diva stürmt mit Nachdruck aus 7000U/min wieder sauber ans Hellrote, um mich eine viertel Stunde später pünktlich bei meinem Termin abzuliefern.


Gegen halb Zehn dann steuere ich die Tanke an wo schon der Traktor mit der Winterdienstausrüstung bereitsteht.
Auf meine Nachfrage ob sie „schon“ Schnee erwarten, grinst mich der Tankwart mitleidig an und meint dann nur:
“Im Schwarzwald hat‘s schon geschneit“ und mit noch breiterem Grinsen „wollen sie nicht noch einen Tee mit Rum?“


27 € ärmer und dem Drang möglichst schnell ins warme Bett zu kommen, lehne ich dankend ab und verlasse den Kassenraum.
Den zweiten Fliess unter die Kombi gezogen, geht’s nach Haus.
Nach wenigen Metern auf der B27 den kalten 4 Grad über Null ausgesetzt, kippe ich das Vorhaben über Bord, alibimässig via Eschingen, Tuttlingen und Stocken „über Land“ wieder nach Haus zu fahren und nehme wieder die Dosenbahn, was angesichts des ständig anlaufenden Visieres eine gute Entscheidung war.
Bei 170 kam genügend Frischluft in den Helm, um ein Beschlagen nahezu verhindern zu können.
Zu Haus angekommen steig ich – nein – möchte ich gerne absteigen, doch die Beine wollen sich nicht über die Sitzbank heben lassen.
Nach einem Filmreifen abstieg vom Bock ,schleiche ich dann breitbeinig, wie John Wayne nach einem langen Ritt, unter die heisse Dusche.


Beim Zubettgehbierchen fällt dann das Resymeé des Abends:
Die RS ist einfach ein schönes Maschinchen, meine manchmal divenhaft zickig aber gutmütig und schnell. Vor allem der Durchzug im 5 bis in den roten Bereich ist gigantisch.
Enttäuschend fand ich die eklatante Tachoabweichung und die tatsächliche Endgeschwindigkeit. (Aber wie oft fährt man schon auf der Bahn mit Vollgas)
Nie mehr werde ich bei 10 Grad vom Bodensee wegfahren – Weichei hin oder her!
Die Griffheizung ist Gold wert.
Das normale Visier taugt nicht für Temperaturen unter 10 Grad.
Eine langärmlige Unterhose unter der Hose taugt bis maximal 8 Grad.
©fuxel2016

Kommentare 3

  • Absteigen wie John Wayne ...ha,ha,ha das kenn ich....Gut geschrieben !

  • Fuxel, du darfst später wenn wir im Alterheim eng zusammensitzen, jederzeit deine herrlichen Geschichten erzählen ! Aber nur mal so nebenbei : lalalala, meine K1100RT läuft GPS 217km/h

  • Toll deine Geschichten. Witzig und Interessant geschrieben. Danke.


    Gruß Christian.