Wochenendtrip nach Dnipro

Mehr oder weniger zufällig hatte ich vor kurzem mitbekommen, dass am Wochenende des 8. und 9. September 2018 in Dnipro (dem früheren Dnipropetrowsk) der "Tag der Stadt Dnipro" gefeiert wird. Da eine mir bekannte Rockband angekündigt wurde - The Lakes aus Dnipro - hatte ich mich kurzfristig entschlossen, einen Wochenendausflug in die Stadt zu machen. Über Booking.com* hab ich mir ein nettes Hotel gesucht und bin dann am Morgen des 8. September mit dem K-espann losgefahren.


Die Straßenentfernung von Kharkiv nach Dnipro beträgt 220km, den größten Teil davon auf der autobahnähnlichen Europastraße E105 - ok - keine Autobahn im deutschen Sinne, schließlich muß man hier mit Fußgängern und Fahrradfahrern rechnen. Aber immerhin mit zwei Fahrspuren für jede Richtung.


Die Reisebedingungen sind halbwegs gut. Temperatur um 25°, die Straße in - naja - gemischtem Zustand. Teilweise recht ordentlich, teilweise aber auch extrem wellig und mit richtig bösartigen Verwerfungen, die mein K-espann jedes Mal einen Satz machen lassen.


Also mal wieder raus aus Kharkiv, Richtung Westen auf der M03 (E40), tanken und dann Richtung Süden auf die E105 abbiegen. Nach einigen Kilometern komme ich an einen ukrainischen Rastplatz (oder ehemaligen Rastplatz?), da ich ein menschliches Bedürfnis habe und finde dort eine typisch ukrainische Toilette (die meisten öffentlichen Toiletten an den Autobahnen sind in diesem Stil - ein Loch im Betonboden oder, wenn man Pech hat, auch im Holzdielenboden - der Geruch ist, äääh - naja, nicht so toll). Ich selber nutze diese Toiletten nicht, ich bleibe lieber im Freien. Aber diese Toilette hat es mir so angetan, dass ich erst mal Fotos mache.


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OK - diese Toilette ist offensichtlich schon seit längerem nicht mehr in Gebrauch, wie man am Bewuchs unschwer erkennen kann.


Unterwegs stelle ich immer wieder fest, dass ich mit dem Gespann Aufmerksamkeit errege. Mehr als einmal werde ich überholt und beim Überholen strecken sich mir dann hochgereckte Daumen aus den überholenden Fahrzeugen entgegen. So auch aus einem alten VW Passat, der mit zwei jungen Männern und einer jungen Frau besetzt ist, die nach der Daumen hoch Aktion ihren Weg fortsetzen. Ich sollte sie später noch einmal treffen.


Nach der Hälfte der Strecke entschliesse ich mich zu einer Pause an einer Tankstelle. Dort parke ich das K-espann neben einem alten Zhiguli (alter sowjetischer Name für Lada). Ich mache auf die Schnelle ein Handyfoto und hole mir einen Kaffee Latte und eine Flasche Mineralwasser - zusammen mit meinen Zigaretten meine typische Pausenverpflegung.


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Und wie ich da so sitze und vor mich hinpausiere, kommen die drei auf mich zu, die mir kurz zuvor den hochgereckten Daumen entgegengestreckt haben. Sie sind ganz begeistert vom K-espann und möchten unbedingt einige Fotos machen. Zum Glück spricht einer recht gut englisch und wir können uns gut unterhalten. Ich entschliesse mich dazu, meine Kamera ebenfalls auszupacken und mache auch einige Fotos. Alle drei sind vollauf begeistert, dass ich ihnen erlaube, sich auf das K-espann zu setzen, um Fotos zu machen.


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Mal schauen, ob sie sich wie vereinbart bei mir melden, dann werde ich ihnen die Fotos zusenden.


Obwohl es relativ warm ist, ist der Himmel bewölkt. Kein schönes Fotowetter und so halte ich das nächste Mal erst kurz vor Dnipro an, um aufzutanken und mir einen weiteren Kaffee zu gönnen. Noch ein schnelles Handyfoto, bevor es dann auf die letzte Etappe geht.


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Nach knapp fünf Stunden Fahrt komme ich am Hotel in Dnipro an. Im Stadtgebiet muss ich den gleichnamigen Fluß überqueren, der hier eine Breite von fast 1,5 Kilometern hat. Leider ist eine Seite der Brücke wegen Renovierungsarbeiten gesperrt und ich brauche für diese 1,5km eine gute halbe Stunde.


Vor dem Hotel und vor dem Einchecken noch schnell ein Handyselfie - irgendwie passt dieses Luxushotel nicht zu meinem Motorradoutfit - aber was soll's 8)


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Dem Personal muss ich meinen Respekt zollen. Trotz meines Outfits mit Lederhose, Lederstiefeln, Endurojacke und schwarzer Lederweste ist es an Höflichkeit und Freundlichkeit nicht zu überbieten. Nach dem Einchecken mache ich eine kurze Pause, bevor ich dann mit einem Taxi - beladen mit Fotorucksack und Stativ - zum Veranstaltungsort am Ufer des Dnipro aufbreche.


Über eine Distanz von mehr als einem Kilometer reihen sich hier Verkaufs- und Veranstaltungsbuden. Insgesamt sind vier Bühnen aufgebaut und ich muss erst einmal nachfragen, wo The Lakes auftreten werden. Ich finde die Bühne und bin auch rechtzeitig zum Auftritt da. Die Fotos muss ich später noch sichten und bearbeiten, da hatte ich bislang noch keine Zeit.


Auf dem Rückweg zum Hotel mache ich noch ein schnelles Foto von einem Engel, der am Ufer steht und sich mit den Besuchern fotografieren lässt (es gab auch einen Teufel, allerdings bin ich mit den Fotos vom Teufel nicht zufrieden).


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Da das Hotel nur knapp zwei Kilometer entfernt ist, gehe ich zu Fuß zurück, immer auf der Suche nach geeigneten Fotomotiven. Allerdings wird das Wetter plötzlich schlechter und es fängt an zu regnen. Also bleibt es bei einem Selfie vor dem Fluß Dnipro.


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Den Abend verbringe ich bei einem sehr guten (und für ukrainische Verhältnisse extrem teuren Abendessen) mit zwei Gläsern Bier im Hotel, bevor ich mich schon relativ früh zum Schlafen zurückziehe. Nachts werde ich wach, da es wie aus Kübeln regnet und der Regen auf die Metalfensterbank vor meinem Zimmer hämmert.


Klar - es hat seit Wochen in diesem Teil der Ukraine nicht geregnet - aber wenn ich eine Motorradtour mache, dann muss es kübeln.


Gegen Morgen lässt der Regen nach, allerdings hört er nicht komplett auf.


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Da ich schon sehr früh wach bin, geniesse ich noch ein ausgiebiges Frühstück im Hotel. Nach dem Auschecken stelle ich fest, dass meine Regenjacke mit Motoröl eingesaut ist (siehe dazu meinen vorherigen Block Artikel) - klasse, das hat mir jetzt noch gefehlt. Die Temperatur liegt nur noch bei 16°, es nieselt und meine Regenjacke möchte ich so nicht anziehen. Also fahre ich ohne los.


Nach 60km habe ich die Schnauze voll - so geht das nicht. Ich friere mir in der leichten Endurojacke den Allerwertesten ab. Also checke ich noch einmal die Regenjacke und komme zu dem Schluß, dass es besser ist, meine Klamotten zu waschen und die Regenjacke anzuziehen, bevor ich mir den Tod hole.


Da ich auf der Rückfahrt keinen Bock auf Pausen habe, mache ich nur einen Tankstop mit Kaffeepause und zwei kurze Zigarettenpausen am Rand der Straße - ansonsten fahre ich konstant mit 80 - 90km/h auf der Waschbrettautobahn Richtung Kharkiv.


Pünktlich mit dem Ende der Autobahn, etwa 30km vor meiner Wohnung, geht der Nieselregen dann in einen ordentlichen Dauerregen über. Spätesten jetzt wäre ich klatschnass geworden, hätte ich die Regenjacke nicht schon vorher angezogen - gute Entscheidung.


Nach ziemlich genau vier Stunden treffe ich vor meiner Wohnung ein, räume das Gespann aus und mache mir erst mal einen heissen Kaffe. Trotz den miesen Wetters am zweiten Tag war das eine gelungene Tour. Mal schauen, wo ich das nächste Mal hinfahre - dann aber nicht mehr mit der Endurojacke - ich denke, die Zeit der Lederjacke ist gekommen.


Gruß aus Kharkiv




*Booking.com - nein, keine Werbung, da ich mit Booking.com im Grunde nichts zu tun habe, aber in den letzten Jahren habe ich Booking.com gelernt zu lieben, da es mir mit seinen Filtermöglichkeiten schon einige wirklich hervorragende Unterkünfte vermittelt hat - so auch dieses Mal in Dnipro.