M+S Reifen an Motorrädern mit nationaler BE - Es tut sich was

  • Der ein oder andere wurde 2017 unangenehm überrascht als die im § 36 StVZO enthaltene Möglichkeit entfiel, M+S Reifen mit eigentlich zu geringer Geschwindigkeitsklasse u.a. an der K unter bestimmten Bedinungen zu fahren. Vor allem Motorräder mit nationaler BE waren davon betroffen, trotz einer Übergangsfrist der alten Regelung bis 2024 bei bis zum 31.12.2017 produzierten M+S Reifen war kein gutes Ende in Sicht.


    Bis jetzt :thumbup:


    Neulich habe ich beim BMVI nachgefragt ob dieser Zustand so auf Dauer bleiben soll, nach einer Weile kam eine ausführliche Antwort, die ich euch nicht vorenthalten möchte:



    "vielen Dank für Ihre Anfrage.


    Nach Rücksprache mit der Fachabteilung können wir Ihnen folgendes mitteilen:


    Im Jahr 1973 wurde eine Regelung in die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) aufgenommen, die die Nutzung von Winterreifen, deren zulässige Höchstgeschwindigkeit geringer ist, als die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs, zulässt, wenn in diesen Fällen beispielsweise ein Aufkleber mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit der Reifen gut sichtbar in der Nähe der Geschwindigkeitsanzeige angebracht wird und diese Geschwindigkeit im Betrieb nicht überschritten wird. Hintergrund war, dass sich nach dem damaligen Stand der Technik die Parameter „Wintertauglichkeit“ und „Geschwindigkeitstauglichkeit“ bei Reifen entgegenstanden und man den Kompromiss mit dem Aufkleber (damals § 36 Abs. 1) zuließ, damit man im Winter mit wintertauglicher Bereifung fahren konnte.

    Wie Sie richtig dargestellt haben, wurde diese Vorschrift mit der 52. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften angepasst. Seither ist diese Regelung nur noch anwendbar auf Winterreifen mit der Alpine-Kennzeichnung und für bestimmte Geländereifen (POR). Für M+S-Reifen, die bis zum 31.12.2017 hergestellt wurden, gibt es eine Übergangsfrist bis zum 30.09.2024. Da Motorräder nun von der situativen Winterreifenpflicht ausgenommen sind (s. § 2 Absatz 3 Nummer 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)), enthält die StVZO keine solche Vorschrift für Motorräder.


    Jedoch wurde bekannt, dass vereinzelt Motorradfahrer diese Sonderreglung zweckfremd nutzten, um dauerhaft sehr grobstollige Reifen, die auf Grund ihrer Bauweise eine niedrigere zulässige Höchstgeschwindigkeit, als die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs haben, verwenden zu dürfen (insbesondere an Enduromaschinen für den groben Geländeeinsatz). Für Motorräder gibt es im EU-Recht im Rahmen der Typgenehmigung eine vergleichbare Regelung für die temporäre Nutzung von M+S-Reifen mit geringerem Geschwindigkeitsindex. Aus diesem Grund strebt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eine entsprechende Anpassung der StVZO an, mit der die Möglichkeit der Nutzung von M+S-Reifen, deren zulässige Höchstgeschwindigkeit geringer ist, als die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs, an Motorrädern unter bestimmten Bedingungen ermöglicht werden soll.


    Das BMVI hat dem Bundesrat bereits einen Verordnungsentwurf, der u.a. auch diese Änderung enthält, zur Zustimmung zugeleitet (s. Artikel 1 Nummer 12 der Bundesratsdrucksache 397/20).


    Mit freundlichen Grüßen"


    Mit anderen Worten, der Mißstand ist tatsätlich bekannt und soll sogar behoben werden. Die zitierte Bundesratsdrucksache 397/20 liefert hier Aufschluß. Unter Artikel 1 Nummer 12 findet sich folgender Passus:


    Dem § 36 wird folgender Absatz 11 angefügt:


    „(11) Absatz 5 gilt entsprechend für solche Luftreifen, die die in Nummer 2.29 der Regelung Nummer 75 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN-ECE) (ABl. L 84 vom 30.3.2011, S. 46) beschriebenen Eigenschaften erfüllen (M+S Reifen), sofern diese Luftreifen an Fahrzeugen der Klasse L verwendet wer-den.“


    Damit wäre es wieder möglich bei der K und anderen betroffenen Motorrädern mit M+S Reifen legal auf öffentlichen Straßen zu fahren!


    Wie es um die Zustimmung oder Ablehnung dieser Drucksache steht können wir sogar recht bald erleben, und zwar als Tagesordnungspunkt Nr. 75 der 993. Sitzung des Bundesrates, nächsten Freitag am 18.09.2020 ab 09:30 Uhr.


    So gibt es dieses Jahr trotz allem doch gute Nachrichten, zumindest für die Stollenfahrer :coolesau:

  • Die bestimmten Bedingungen werden sich auf den Hinweis im Sichtbereich des Fahrers beziehen.


    Hier erfolgt ja nichts anderes, als den Flüchtigkeitsfehler im deutschen Recht an die Rechtslage der EU anzupassen.


    Spitze, Fehler erkennen, Ändern, dauert hier 9 Jahre :mad::thumpup:



    Wobei nach Beanstandung durch Ordnungskräfte an Fahrzeugen mit BRD-Zulassung jedem der nicht aussichtslose Rechtsweg zugestanden hätte. Kann ja nicht sein, das EU-Fahrzeuge langsame Stollen dürfen, aber nationales Kulturgut nicht :mrgreen:

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