BMW als Vorreiter: ABS am Motorrad

Obwohl die gesamte K-Reihe noch heute ausgesprochen innovativ erscheint, gab es Entwicklungen, die besonders erwähnenswert sind. Dazu gehört sicherlich die Einführung des weltweit ersten Serien-ABS für Motorräder. Bereits Ende der siebziger Jahre gab es bei BMW Versuche mit einem mechanischen Anti-Blockier-System von Bosch. Eine 1978 gezeigte Lösung beinhaltete ein mechanisches ABS an einer R100 RS. Nachteilig an diesem System waren die noch grobe Regelung und die damit verbundenen Einflüsse auf die Fahrstabilität. Anders als beim PKW muss die Regelung bis fast zum Stillstand erfolgen, denn ein blockiertes Vorderrad hat beim Motorrad unweigerlich den Sturz zur Folge. Das starke Pulsieren des Handhebels stellte ein weiteres Problem dar.

Bild links: An den über den Fußrasten befindlichen Druckmodulatoren erkennt man die erste ABS-Generation (1988-1993). Auf der linken Seite befindet sich der Modulator für die Vorderradbremse; das entsprechende Teil für das Hinterrad sitzt rechts. Eine Ausnahme bildet die K1, deren vorderer Druckmodulator hinter der Verkleidung sitzt. Im Gegensatz dazu ist das ABS II der späten K1100-Modelle (ab 9/93) von außen nur an den Zahnscheiben der Räder zu erkennen, denn die komplette Einheit aus Rechner und Hydraulik versteckt sich vor der (auf 19 Ah verkleinerten !) Batterie. Verbunden damit ist ein Gewichtsvorteil von 4,3 kg.

Erst das ab 1983 im Probebetrieb befindliche elektronisch-hydraulische ABS von FAG Kugelfischer verhieß Besserung. BMW wollte auf jeden Fall beide Räder in die Regelung einbeziehen. Die Entwicklung des ABS zur Serienreife dauerte dann schließlich noch fünf Jahre, bis 1988 das ABS gegen einen Mehrpreis von 1980,- DM für alle K-Modelle lieferbar war. An den Bremsscheiben der Maschinen befindet sich ein Zahnkranz mit 100 Zähnen. Diese werden von einem Sensor berührungsfrei abgetastet. Ein im Maschinenheck oder unter der Sitzbank untergebrachtes Steuergerät wertet die Impulse dieser Sensoren aus. Droht eines der Räder zu blockieren, so tritt ein Druckmodulator in Aktion, der den Bremsdruck bis zu sieben Mal pro Sekunde absenkt und wieder aufbaut. Die Druckmodulatoren für Vorder- und Hinterrad sitzen über der linken bzw. rechten Soziusraste.

Bild links: Bauteile des ABS I. Oben im Bild die Druckmodulatoren, darumter das Steuergerät.Diese Teile integriert die kompakte ABS-Einheit der zweiten Generation. Wichtig: Der Abstand der unten im Bild gezeigten ABS-Sensoren zum Zahnkranz muss exakt eingehalten werden, um eine einwandfreie Funktion sicherzustellen. Dem Bordwerkzeug liegen entsprechende Fühlerlehren bei.

Ein Ventil verhindert, dass Bremsflüssigkeit während des Regelvorgangs zum Fuß- oder Handbremszylinder zurückfließt. Ein Pulsieren des Hebels wird dadurch stark vermindert. Jeder der beiden Regelkreise (vorn und hinten) ist doppelt vorhanden: während ein Regelkreis arbeitet, wird der andere vom System überprüft. Im Abstand von zehn Sekunden wechseln sich die beiden Regelkreise eines Rades ab. Stellt das System eine Störung fest, werden zwei Blinkleuchten im Cockpit aktiviert und das ABS unter Beibehaltung der ungeregelten Bremsfunktion abgeschaltet. Der am Lenker angebrachte “ABS”-Taster hat denn auch nur eine Funktion: für 4 1/2 Minuten schaltet er das Blinken der Kontrolllampen auf Dauerlicht um -nach Ablauf dieser Zeit blinken die Lampen wieder. Mit diesem “Quittierungstaster” bestätigt der Fahrer also nur, dass er den ABS-Ausfall bemerkt hat. In der Werkstatt ist dann eine Diagnose per Testgerät möglich. Die gezeigten Bauteile wurden bis 1992 verwendet. Ab diesem Zeitpunkt verwendete BMW die zweite ABS-Generation, die sich gegenüber dem hier gezeigten System durch eine weitaus feinere Regelung unterscheidet. Zwar hatte wie beschrieben auch die erste Generation kein störendes Pulsieren in den Hebeln, aber die recht grobe Regelung führte zu einem etwas irritierenden “Bremsnicken” im Regelbereich, ausgelöst durch den steten Wechsel zwischen maximaler Bremsleistung und öffnendem Regelventil. Dieser Effekt tritt beim ABS II nicht mehr auf. Die Regelung wurde zudem deutlich leichter (6,8 statt 10 kg Mehrgewicht). Verwendet wurde das ABS II bei späten K1100-Modellen und der ersten Serie der K1200. 1996 wurde das ABS II zur Serienausstattung aller K-Modelle.

Seit 2001 gibt es die K1200RS im neuen Design. Auf den ersten Blick nicht sichtbar ist das teilintegrale Bremssystem, das Bestandteil der dritten ABS-Generation ist. Dabei werden Vorder- und Hinterrad gemeinsam mit der Handbremse verzögert, wobei sich der serienmäßige Bremskraftverstärker auch um die Bremslastverteilung zwischen Vorder- und Hinterrad kümmert. Der Fußbremshebel verzögert dagegen weiterhin nur das Hinterrad, um ein gezieltes Abbremsen z.B. in Kurven zu ermöglichen. Selbst Faktoren wie das drohende Abheben des Hinterrads erkennt das ABS und steuert rechtzeitig dagegen.